Ich sehe es auch so wie die meisten hier: Latzhosen sind out und Diskussionsforen sind out, und darum ist es kein Wunder, dass hier wenig geschrieben wird. Aber die, die hier schreiben, zeigen hohe Kompetenz und einen sachlichen Diskussionsstil, also mehr kann man sich nicht wünschen.
Threads, die sich dank Baumstruktur immer mehr verästelten, gab es schon im Usenet, und meistens drifteten diese Sub-Threads entweder vom Thema ab, oder man streitete um Details oder einzelne Wörter um zu "beweisen", dass man recht hat. Weil man durch Herumnörgeln aber niemanden von einer vorgefassten Meinung abbringt, kamen diese Threads nie zu einem Ende. Dieses Chaos wurde mit der satirischen Newsgroup alt.cascade aufs Korn genommen, in der es nur darum ging, möglichst umfangreiche Threads zu schaffen. Ardjan Besse stellte die These auf, dass der Informationsgehalt pro Thread eine Konstante ist, unabhängig von der Anzahl der Beiträge.
Mit unverzweigten Threads wie hier halten sich Abdriftungen in Grenzen, denn sobald jemand sich wieder zum ursprünglichen Thema äußert, bringt er den ganzen Thread dorthin zurück, und die Intermezzi verschwinden auf Seite 2. Somit ist die Motivation gering, mit solchen Abdriftungen überhaupt anzufangen. Jeder schreibt einmal, was er weiß und was er denkt, und Auffassungsunterschiede werden stillschweigend zur Kenntnis genommen.
Ich finde, das ist ein gutes Mittelmaß zwischen den ausufernden Diskussionen des Usenets und dem auf Facebook zu beobachtenden völligen Verlust einer Diskussionskultur. Der entspricht leider dem Zeitgeist. Jeder tut nur noch das, was andere beeindruckt oder einem selber unmittelbar nützt. Wir hingegen gehören der Generation an, die gern alles analysiert und erforscht um möglichst vielen Geheimnissen des Universums auf den Grund zu gehen. Das geht halt am besten, wenn man Wissen mit Gleichinteressierten austauscht, und damit halten wir Webforen wie dieses hier am Leben.