Ja, wenn man sich anschaut, in was für
absichtlich auffälligen Klamotten so mancher rumläuft, da muss man tatsächlich schon fast beruhigt sein, wenn jemand 'nur' in so normalem Zeug wie einer Latzhose daherkommt! ;0) Das sollte allen Freunden der Latzhose Mut machen, denke ich.
Trotzdem scheint das ein wiederkehrendes Thema zu sein, hier im Forum, und jeder scheint damit für sich erneut fertig werden zu müssen, was dem Einen leichter fällt als dem Anderen. Wenn man Beiträge darüber liest, dann ist einer der Kernpunkte ein Gefühl der Unsicherheit, und es wird von Mut geredet. Ist das aber wirklich der springende Punkt? Was sind da für Faktoren beteiligt, und liegen die alle beim Latzhosenträger selber? Ich glaube nicht. Das ist vielmehr so ein sozialdynamisches Dingens mit mehreren Beteiligten.
Man möchte sich davon frei machen, dass 'anders' etwas schlechtes an sich, und damit kritikwürdig ist. Anders kann ja auch als ein neuer Vorschlag verstanden werden, der neben dem Bestehenden existiert. So funktioniert eben jede Entwicklung.
Das ist völlig unproblematisch, wenn die eigene Begeisterung und Überzeugung groß genug ist, und die Vorteile klar auf der Hand liegen: Dann macht man das einfach, und jeder kapiert es sofort und findet es auch toll.
Schwierig wird eher das Ausprobieren von etwas, dessen Vorzüge nicht offensichtlich sind, denn beim Ausprobieren ist man selber ja noch ergebnisoffen und beobachtet sich und seine Umgebung entsprechend genau. Während man selber aber
weiß, dass man nur probiert, sieht die Umgebung nur was sie sieht, und nimmt es als Fakt. Die Umgebung reagiert also auf einen Versuch genau so wie auf eine Tatsache, also haben wir eine asymmetrische Situation.
Vorsicht, jetzt wird's theorielastig: Denn das mit dem neuen Vorschlag ist nicht unbedingt einfach. Genau darin schlummert nämlich wieder ein Konflikt: Wenn zwei Optionen nebeneinander existieren, dann ticken wir Menschen so, dass wir bewerten wollen, welche Option die bessere ist, und dabei neigen wir eben zwecks Verringerung der Weltkomplexität zur Verallgemeinerung. Daraus folgt, dass wir uns angegriffen fühlen, wenn jemand - ohne dass wir die Gründe kennen - etwas anders macht als wir, denn damit ist 'anders' plötzlich Kritik an uns und an unserer Entscheidung für das eine: "Warum macht der andere das denn nun nicht einfach genau so wie ich und alle sonst?" und "Findet der Andere etwa falsch, was wir (immer schon so) machen?" und "Vertraut der andere nicht auf dieseben Wahrheiten, Werte, Konventionen, Götter, Ideologien, Automarken (hier kann man einsetzen, was auch immer an Normen man findet) wie wir?"
Naja, das sind große Worte für unser kleines Problem, aber das Muster bleibt: Am Ende fühlen sich nicht (nur) die mit der neuen Idee, sondern die Konventionellen verunsichert, und dieses Spannungverhältnis nehmen wir wahr, auch wenn die Verunsicherung nicht in uns ist, sondern in den Menschen der Umgebung, denn wir haben uns ja schließlich seit Jahrtausenden als soziale Wesen entwickelt, und 'Antennen' für sowas.
Ihre Angst kann man den Konventionellen nehmen, indem man ihnen signalisiert, dass man sie nicht angreift, z.B. indem man sich erkennbar an andere wichtigere Konventionen hält, oder indem man ihnen eine einleuchtende Erklärung liefert, die konfliktlos in ihr Weltbild passt.
Mein Beispiel mit dem Zollstock in der Tasche setzt genau dort an: Er liefert allen Betroffenen eine offensichtliche Begründung für das Anderssein, und entschärft damit die Konkurrenz der Ideen: "Ah, der is'n Tischler und ich nicht, klar, dass der ein wenig anders sein muss!" Es sind natürlich auch andere Erklärungen denkbar: Man könnte z.B. auch die Flucht nach vorn antreten und dieses T-Shirt hier zu seiner neuen Latzhose tragen:
https://www.hanseheld.de/maschinist-t-shirt-2981.html#Da bleiben auch keine Fragen mehr offen, oder? ;0)
Nich soviel denken, Spaß haben!